Was Alkohol während der Schwangerschaft anrichten kann: Fachtag und Ausstellung zum Thema „FASD“
„Was zu 100 Prozent vermeidbar ist, muss zu 100 Prozent bekannt gemacht werden“, eröffnete Harriet Rappmund vom Diakonischen Werk im Rhein-Neckar-Kreis den Fachtag zur Ausstellung „FASD – Kein Alkohol während der Schwangerschaft“ am 31. März.
Gemeint ist die so genannte Fetale Alkoholspektrumstörung (FASD), eine vermeidbare Behinderung, die entstehen kann, wenn Mütter während der Schwangerschaft Alkohol trinken.
Der Caritasverband für den Rhein-Neckar-Kreis e.V. und das Diakonische Werk hatten im Rahmen der Schwangerschaftsberatung die Wanderausstellung nach Weinheim geholt, um Schüler*innen über die Folgen von Alkohol während der Schwangerschaft aufzuklären. Das Berufsschulzentrum Weinheim hat dafür seine Aula zur Verfügung gestellt und über die Schulsozialarbeit die Schulklassen koordiniert. Vom 27. bis zum 30. März wurden die Berufsschüler*innen von Mitarbeiter*innen der Schwangerschaftsberatung von Caritas und Diakonie, der Suchtberatung Weinheim e.V. und der Psychologischen Familien- und Erziehungsberatung Weinheim durch die Ausstellung geführt. Der Stadtjugendring Weinheim schenkte alkoholfreie Cocktails aus. Am 31. März war die kostenlose Ausstellung für Fachbesucher*innen geöffnet und mit einem Fachtag verbunden.
An mehreren Stationen der Ausstellung erhielten die Besucher*innen konkrete Einblicke in das Leben und die Einschränkungen von Menschen mit FASD, deren soziale Reife im Erwachsenenalter oftmals mit der eines 7-jährigen Kindes vergleichbar ist. An einer Wickelstation konnten die Besucher*innen eine sogenannte Rausch-Brille aufsetzen und mit dem so simuliertem Alkoholspiegel versuchen eine Baby-Puppe zu wickeln. Anschaulich zeigte eine begehbare Gebärmutter die verschiedenen Entwicklungsstadien eines Fötus in den zehn Monaten bis zur Geburt und machte auch die Geräuschkulisse des ungeborenen Kindes hörbar.
Durch den Fachtag leitete Dr. Gisela Bolbecher, die das FASD-Netzwerk Nordbayern gegründet und die Ausstellung konzipiert hat. Anschaulich erklärte sie den rund 50 Erzieher*innen, Schwangerschaftsberaterinnen, Mitarbeiter*innen der Erziehungsberatungsstellen, Sozialarbeiter*innen und anderem Fachpublikum die Entwicklungsstörungen, von denen Menschen mit FASD betroffen sind. Bolbecher hat selbst zwei Pflegekinder mit FASD und kämpft seit vielen Jahren für eine bessere Diagnostik und für mehr Aufklärung zu den möglichen Auswirkungen von Alkoholkonsum während der Schwangerschaft. Trinkt eine schwangere Frau Alkohol, hat das Ungeborene in kürzester Zeit den gleichen Blutalkoholspiegel wie die Mutter – und braucht zehnmal länger, um den Alkohol abzubauen. „Alkohol gelangt ungehindert zum Kind und wirkt dort unmittelbar schädigend auf alle Zellen und deren Teilung, d.h. auf die gesamte Entwicklung des Kindes, wobei das Gehirn als empfindlichstes Organ am massivsten geschädigt wird“, so Bolbecher. Alkohol während der Schwangerschaft kann unter anderem zu Minderwuchs, Kleinköpfigkeit, Augenfehlbildungen, geistigen und motorischen Entwicklungsverzögerungen, geistigen Behinderungen und verminderter Intelligenz führen. „Menschen mit FASD haben größte Probleme bei der Bewältigung ihres Alltags, sie leben im Chaos und sind ihr ganzes Leben lang irreparabel geschädigt“, erklärte sie.
Zwei Prozent aller Neugeborenen sind von FASD betroffen, wobei die Dunkelziffer erheblich höher sein dürfte. FASD als vermeidbare Behinderung ist laut Bolbecher noch nicht ausreichend bekannt. „26 Prozent aller Frauen trinken Alkohol während der Schwangerschaft, allen voran Frauen mit hohem Bildungsstandard!“, erklärte sie. „Für die Entwicklung von FASD kommen oft weitere Risikofaktoren hinzu, wie Mangelernährung, das Alter der Mutter oder der Konsum anderer Drogen“, erklärte Bolbecher. „Nichtsdestotrotz gibt es keinen unschädlichen Alkoholgrenzwert nach unten und schon ein Schluck Sekt zum falschen Zeitpunkt der kindlichen Entwicklung kann zu irreparablen Schäden des Ungeborenen führen“, warnte Bolbecher.